Qualität kommt von Leben, nicht von Qual

Qualität kommt von Leben, nicht von Qual

Wir brauchen Qualität. Nicht noch mehr messbare, sondern Qualität die für Menschen erfahrbar und erlebbar ist. Eine Qualität, die wir intuitiv erkennen und im Denken nachvollziehen können.

Bevor meine Freunde, die Ingenieure sind, jetzt aufbegehren: Natürlich ist es sinnvoll Qualitätskriterien benutzen, um ein Produkt oder einen Produktionsprozess einzuschätzen und zu verbessern. Ob man dabei soviel ISO, DIN usw. braucht, wie wir es nutzen, weiß ich nicht. Die im Qualitätsmanagement manchmal geforderte “Null-Fehler-Toleranz” ist mir in manchen Lebensbereichen natürlich sehr wichtig: Flugzeugwartung, Fallschirmbau, Bremsanlage am Auto usw.

Unser Qualitätsbegriff ist heute meist eng veknüpft mit der industriellen Fertigung, die immer wieder die gleiche “dem Kunden versprochene” oder vom “Gesetz auferlegte” Qualität erschaffen soll. Da geht es in erster Linie um Standards und Optimierung. Soweit so gut. Meistens geht es nicht um neue Level von Qualität. Ich stelle mir daher die Frage:

Sind wir nicht in zu vielen Lebensbereichen viel zu viel mit messen und kontrollieren beschäftigt, anstatt mit dem Erschaffen wirklicher Qualität?

 

Qualität des Menschen

“90-60-90” das war mal das Qualitätsmaß für den Körper von Frauen Ende der 90er Jahre. Heute ist Selbstoptimierung ist das vielzitierte Stichwort. Nicht mehr ein allgemeines, sondern ein individuelleres Idealbild wird heute als Maß herangezogen, als persönliche Benchmark. Und daran richtet man sich aus. Mit aller Frustration und natürlich auch manchmal mit Erfolgsgefühl.

Leider geht es in der Schule schon los, da lernen wir das schon, das Vergleichen. Schulen selbst müssen der Qualität “Pisa” genügen. Aber macht das wirklich gute Schulen aus? Ich habe den Eindruck, Schule ist besser geworden in den letzten 30 Jahren – aber nicht wegen Pisa. Sondern weil der einzelne Schüler mit seinen Potentialen etwas mehr im Mittelpunkt steht. Da ist noch viel Potential nach oben, um die Qualität des Einzelnen zu entwickeln.

Das sollten wir mehr tun, den Kindern zeigen, dass sie etwas Einzigartiges in sich tragen. Manche nennen es den göttlichen Funken, andere die große Gabe. Das Konzept dazu ist mir egal. Ich weiß aus meiner täglichen Arbeit, dass es diese Einzigartigkeit gibt in jedem Menschen, jeder Gemeinschaft, jedem Unternehmen. Das ist die Qualität des Menschseins.

Ein Beitrag für die Menschen aus der eigenen Gabe heraus erzeugt immer eine ganz besondere Qualität. Das fühlen alle, die damit in Kontakt kommen.

Der Architekt Christopher Alexander hat hat mal in seinem wunderbaren Buch “The timeless way of building” von der “Quality without a name” geschrieben. Es gibt eine Qualität ohne Namen. Jeder kann sie sofort erkennen. Nicht nur, wenn wir ein Gebäude anschauen, sondern in sehr sehr vielen Bereichen. Erfahrene Qualitätsmanager in der Industrie wissen, es kommt darauf an, ob die Menschen im Unternehmen bewusst handeln. Dann entsteht Qualität.

 

Qualität entspringt aus Identität

Qualität kommt nicht von Qual, das ist ein Märchen. Qualität kommt von Bewusstsein, Achtsamkeit und Hingabe. Sie entsteht durch das Schöpfen aus der einzigartigen Identität eines Mensch oder Unternehmens: den Gaben und Fähigkeiten, den Ausdrucksformen und Fertigkeiten. Leidenschaft, ja, Leidenschaft braucht es oft, um Qualität zu erzeugen. Aber das ist keine Qual.

Qualität aus der Identität entsteht in Leichtigkeit, sozusagen “Wie von selbst”.

Nach dem Ursprung der Qualität zu suchen ist die wichtigste Aufgabe für einen Menschen, eine Gemeinschaft, ein Unternehmen. Dafür muss man aber etwas aufgeben: das oben genannte Konzept des Vergleichens. Wie sagte der erfolgreiche Fußballtrainer Jürgen Klopp bei seinem letzten Spiel in Dortmund, als es um seinen Nachfolger ging: “Nicht vergleichen! Denn der Vergleich schmälert die großartige Erinnerung und erschwert die großartige Zukunft.”

Es gab früher mal ein schönes Wort für Qualität: “Güte”. Wir kennen das aus Gütesiegel. Etwas ist gut. Ein Mensch, ein Unternehmen hat Güte. Ich meine, das führt uns in die richtige Richtung. Das “gute Leben” war schon das Ziel der griechischen Philosophen, zum Beispiel bei Sokrates.

 

Qualität in sieben Fragen

  1. Was gibt Deinem Leben Qualität?
  2. Was ist für Dich persönlich Qualität, wie erlebst Du sie?
  3. Kaufst Du viel, was keine spürbare Qualität hat, statt wenig, mit Qualität?
  4. Nimmst Du Dir zuviel vor, wovon nichts richtig gut wird?
  5. Kennst Du die Qualität, die aus Deiner Identität entspringt und auf Entfaltung wartet?
  6. Spüren andere Deine Qualität: In Deiner Arbeit und Deinen Beziehungen?
  7. Liebst Du Deine Qualität?

Die Qualität, die wir brauchen, ist diejenige, die Einzigartigkeit zum Ausdruck bringt, nicht Vergleichbarkeit. Jeder Mensch trägt sie in sich – jeder Mitarbeiter, jeder Unternehmer, jedes Unternehmen. Dadurch entsteht Lebendigkeit, Qualität des Lebens.